Ein Besuch bei der HÖRMANN Gruppe

Offene Tore für die Energiewende

– Innovationen im Gewerbebereich

Die Energiewende in Deutschland kann nur gelingen, wenn auch das produzierende Gewerbe seine Prozesse dekarbonisiert. Ein Unternehmen, das die Chancen energieeffizienter und klimaschonender Technologien früh erkannt hat, ist die HÖRMANN Gruppe, Europas führender Hersteller von Türen und Toren und seit Jahren naturstrom-Kunde. Ein Besuch im Vorzeige-Werk im thüringischen Ichtershausen.

„Nachhaltiges und generationengerechtes Wirtschaften ist für uns als Familienunternehmen schon immer Teil unserer DNA“, erklärt Sarah Osterholt. Die Nachhaltigkeitsbeauftragte der HÖRMANN Gruppe muss es wissen, arbeitet sie doch seit über zwölf Jahren beim Marktführer aus dem ostwestfälischen Steinhagen. „Deswegen schauen wir insbesondere an unseren Produktionsstandorten, wie wir Energie sparen und Emissionen vermeiden können.“

Wie das gelingt, zeigt Sarah Osterholt im größten deutschen HÖRMANN Werk etwa 20 Kilometer südlich von Erfurt: „Hier in Ichtershausen treiben wir unsere unternehmenseigene Energiewende besonders intensiv voran. Auf unser neuestes Projekt, das von der EU und dem Land Thüringen gefördert wird, sind wir besonders stolz“, freut sich Osterholt und weist den Weg entlang der hörmannblauen Werkshalle.

Wasserstoff aus dem Rückhaltebecken

Am Rande des werkseigenen Regenrückhaltebeckens bleibt sie stehen, es bietet sich ein ungewöhnlicher Anblick: Statt brach zu liegen, findet sich in der Senke eine stattliche Freiflächen-Photovoltaikanlage. Oberhalb, am Rand des Beckens, fängt ein sieben Meter hoher, weiß gestrichener Tank den Blick. „Darin speichern wir unseren selbst erzeugten grünen Wasserstoff“, erklärt die Nachhaltigkeitsbeauftragte stolz. „Produziert wird er genau nebenan in unserem Elektrolyseur.“ Sie klopft auf den unscheinbaren, weißen Container wenige Meter neben dem Speicher.

Der benötigte Strom kommt zu großen Teilen direkt von der Solaranlage im Rückhaltebecken. Dank der bedarfsoptimierten Ost-West-Ausrichtung liefern die Solarmodule den ganzen Tag über Strom. So kann HÖRMANN den Netzbezug am Standort Ichtershausen stark reduzieren. Und wenn mal keine Sonne scheint, kommt der Strom – wie an allen deutschen Standorten des Unternehmens – von naturstrom. Dadurch liegen die strombezogenen Emissionen von HÖRMANN bei null. Umgekehrt –, wenn mehr Solarstrom erzeugt wird, als der Elektrolyseur benötigt, – nutzt das Werk den lokalproduzierten Strom.

Auch an anderen Standorten sind große Investitionen in Photovoltaik geplant. Insgesamt sind Anlagen mit einer Leistung von rund 9 Megawattpeak beauftragt, die jährlich über 8,5 Millionen Kilowattstunden Solarstrom erzeugen sollen. Verglichen mit dem Bundesstrommix vermeidet HÖRMANN durch die Entscheidung für Ökostrom aus eigenen und naturstrom-Anlagen etwa 30.000 Tonnen CO2-Emissionen im Jahr.

Und was passiert mit dem in Ichtershausen erzeugten grünen Wasserstoff? Der wird ebenfalls direkt vor Ort genutzt, nämlich im Blockheizkraftwerk (BHKW): „Durch die Beimischung von etwa 20 Prozent Wasserstoff in unserem BHKW können wir unseren Erdgasverbrauch und die damit verbundenen Emissionen deutlich reduzieren. In einem Werk wie hier benötigen wir große Mengen Wärme“, erläutert Osterholt. „Diese langfristig klimaschonend bereitzustellen ist ein wesentliches Ziel unserer Nachhaltigkeitsstrategie und unseres besonderen Augenmerks auf Emissionsreduktion.“

„Durch die Beimischung von etwa 20 Prozent Wasserstoff in unserem BHKW können wir unseren Erdgasverbrauch und die damit verbundenen Emissionen deutlich reduzieren. In einem Werk wie hier benötigen wir große Mengen Wärme. Diese langfristig klimaschonend bereitzustellen ist ein wesentliches Ziel unserer Nachhaltigkeitsstrategie und unseres besonderen Augenmerks auf Emissionsreduktion.“

Sarah Osterholt

Energie effizient einsetzen

Wesentlicher Teil des integrierten Wasserstoffkonzepts ist es, alle zur Verfügung stehende Energie bestmöglich zu nutzen: So erzeugt das BHKW neben bis zu 202 Kilowattstunden Prozesswärme auch 134 Kilowattstunden klimaschonenden Strom. Dieser wird ebenfalls unmittelbar im Werk genutzt und reduziert so die Abhängigkeit vom öffentlichen Stromnetz.

„Das besondere Augenmerk auf effiziente Energiebereitstellung, -speicherung und -nutzung macht unser Wasserstoff-Pilotprojekt wegweisend für kommende Vorhaben,“ erläutert Osterholt. „Uns geht es keinesfalls nur um uns. Wir wollen auch andere ermutigen, Innovationen zuzulassen und Erneuerbare Energien verstärkt zu nutzen.“

Auf dem Weg zur Kreislaufwirtschaft

Auch im Werk selbst ist der jahrelange und andauernde Fokus auf Nachhaltigkeit bei HÖRMANN zu sehen: Wie an allen Standorten wurde auf sparsame LEDs umgerüstet. Der schrittweise Umstieg von Verbrenner- auf Elektro-Gabelstapler schreitet merklich – und geräuschlos – voran und Großverbraucher, wie die Maschinen im Hochregallager, sind auf effiziente Antriebe umgestellt.

„Natürlich beschränken wir uns bei unserer Nachhaltigkeitsstrategie nicht nur auf Energiethemen“, stellt Osterholt beim Weg durch die geschäftige Werkshalle klar. Ein Kollege im hörmannblauen Shirt radelt auf einem der werkseigenen Lastenbikes vorbei und grüßt freundlich. „Man sieht, wir wollen Nachhaltigkeit viel eher ganzheitlich denken – und auch so handeln!“

Die Nachhaltigkeitsbeauftragte führt in einen der ruhigeren Bereiche des Werkes: „Von hier verschicken wir kleine und größere Pakete an unsere Kund:innen – Ersatzteile, Schrauben und so weiter. Allerdings setzen wir beim Versenden nicht auf große Mengen Verpackungsmaterial aus Kunststoff, sondern arbeiten hiermit“: sie zeigt einen altpapierenen Beutel mit HÖRMANN Aufdruck.

Re- und Upcycling made in Ichtershausen

„Dank dem hier können wir auf riesige Mengen Polsterfolie verzichten. Das reduziert unsere Emissionen und den Müll durch unsere Logistikketten enorm. Denn diese Beutel produzieren wir hier direkt im Werk aus Altkartonagen. Die Erfahrungen seit der Inbetriebnahme unser Upcycling-Anlage zeigen, wie robust die Beutel sind. Mittlerweile beliefern wir mit ihnen auch andere Standorte und freuen uns, dass auch dieses Pilotprojekt so gut angenommen wird und unternehmensweit den Plastikbedarf senkt.“

Einen großen Schritt hin zur angestrebten Kreislaufwirtschaft leistet eine von HÖRMANN eigens entwickelte Recycling-Anlage. Diese trennt geschäumte Lamellen ausgedienter Tore, die über die eigenen Niederlassungen zurückgeführt werden, in Stahl und Hartschaum-Kern auf. „Der Stahl geht in den bereits existierenden Recyclingkreislauf, während wir den sogenannten PU-Kern aufbereiten und an unseren Lieferanten zurücksenden“, erklärt Osterholt. „Dieser mischt das recycelte Material dann bei der Produktion unter, sodass das entstehende Polyol uns wieder zum Ausschäumen neuer Lamellen zur Verfügung steht. Dem Ziel, natürliche Ressourcen zu schonen, kommen wir durch unsere Re- und Upcycling-Projekte immer näher.“

Mit den mannigfaltigen Bemühungen ist es HÖRMANN in den letzten zwölf Jahren gelungen, den CO2-Fußabdruck massiv zu reduzieren. Ökostrom-Bezug, die Energieerzeugung in eigenen Anlagen und die Kreislaufwirtschaft-Projekte vermeiden jedes Jahr Emissionen in Höhe von über 100.000 Tonnen CO2-Äquivalenten.

„Das Wichtigste ist, einfach anzufangen. Jedes Unternehmen kann etwas zum Umwelt- und Klimaschutz beitragen! Auch kleine Veränderungen können sich zu großen Erfolgen summieren.“

Sarah Osterholt